Von Heiko Schattauer
Neckar-Odenwald-Kreis. Er hat sie alle! Auch wenn es fast alle nicht mehr gibt. Herbert Rudoletzky hat die goldenen Zeiten der Tanz- und Showkapellen in der Region konserviert, zumindest was an gedruckten Erinnerungen von ihnen übrig geblieben ist. Der Schriftsetzer aus Hirschlanden hat alle Plakate, die er in den 1960er- und 70er-Jahren für Tanzveranstaltungen und Feste mit den beliebten Stimmungskapellen angefertigt hat, aufbewahrt. Bautzy’s, Red Stars, Canaris, Blue Shadows, The Dandys, Hannes Wahl oder The Taigers - auf den mehr als 100 großformatigen Ankündigungen findet sich alles, was in der Region einst Rang und Namen hatte, was als Band angesagt war. Eine verrückte Sammlung, die ganz viele Geschichten erzählen kann...
Wir stehen im Heizungskeller von Herbert Rudoletzky in Hirschlanden - und mit jedem Plakat, das der 72-Jährige auffaltet, kommt ein Stück Erinnerung aus dem Karton. Für den Sammler, der 1958 bei der Mosbacher Druckerei Eiermann als Schriftsetzer angefangen hat, sind es persönliche Erinnerungen an seine Berufszeit. Bei vielen anderen dürfte das ein oder andere Plakat Erlebnisse ins Gedächtnis rufen, die man einst auf den beliebten Tanzveranstaltungen gemacht hat.
Von den mehr als 50 Beatbands und Kapellen, die sich auf den Plakaten finden und von denen es heute nur noch eine Handvoll gibt, hat Rudoletzky selbst nur ein paar live gehört. Aber die Vielfalt, die sich in jener Zeit in Sachen Regionalbands bot, beeindruckt ihn noch heute. Ob nun Sportfest, Jubiläum, Halleneinweihung oder Fastnacht: Ohne eine bekannte Stimmungskapelle wurden solche Veranstaltungen nicht gefeiert. Mitunter spielten da die "Canaris" oder "The Explorers" gleich an allen drei Sportfesttagen. "Ja, da war schon immer was geboten", erinnert sich der Schriftsetzer. Der mit seiner Arbeit - also der Herstellung der Plakate - dazu beitrug, dass auch möglichst viel los war. "Früher lief die Bewerbung ja ausschließlich über Plakate", weiß Harald Rudoletzky, die meist Din-A2-großen Ankündigungen wurden einfach an Scheunentore oder Bäume gepinnt: "Damals durfte man das ja auch noch." 50 bis 100 Plakate seien im Schnitt geordert worden von den Vereinen, jeweils mindestens eins aus der jeweiligen Produktion hat der Schriftsetzer aufbewahrt.
"Aber jetzt weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr so recht, was ich damit anfangen soll", erklärt Rudoletzky, in dessen Sammlung sich auch ein paar Festankündigungen ohne Bandbeiträge oder kuriose Exemplare mit Musik finden: So wurde eine regionale Tanzveranstaltung in den späten 1960er-Jahren ganz schlicht angekündigt mit "Es spielt eine bekannte Kapelle". Kann ja auch mal reichen.
Gut 100 Plakate hat der Hirschlandener, der in den Siebziger Jahren unter anderem in der II. Amateurliga für den FV Mosbach die Kickschuhe schnürte, aus der guten alten in die Jetztzeit gerettet. In seinem Heizungskeller findet (nicht nur) er sie eigentlich nicht wirklich passend aufgehoben. Für eine Ausstellung oder eine andere sinnvolle Weiterverwertung wäre der Sammler durchaus zu begeistern. "Aber bis jetzt hat sich noch nichts ergeben", sagt Harald Rudoletzky.
Fein säuberlich zusammengefaltet, verstaut der Schriftsetzer im Ruhestand die etwas andere Plakatsammlung zum Ende unseres kurzweiligen Besuchs also wieder im unscheinbaren Pappkarton. Aber die geschichtsträchtigen Druck-Erzeugnisse lassen sich bei Bedarf und Interesse ja schnell wieder auspacken...