Von Ursula Brinkmann
Mosbach. Die Begeisterung ist groß. Auf beiden Seiten. Hubert Obier liebt diesen Moment, wenn die mit Farbe versehene Walze übers Papier rollt und hervorbringt, was die jungen "Drucker-Eleven" zuvor in Handarbeit geschaffen haben. "Dieser Moment, das Leuchten in den Augen der Kinder, das ist das Schönste!" Der Meinung waren die Jungen und Mädchen der beiden ersten Klassen der Nachbarschaftsgrundschule Buchen-Götzingen auch. Mit "Aaahs" und "Ooohs" hielten sie regenbogenfarbige Bögen in den Händen; Vornamen waren da zu lesen, Häuser, Blumen, Schmetterlinge, Autos oder grafische Formen zu sehen.
Die Buchstaben und Motive hatten die Kinder zuvor in Styroporplatten mit Hilfe von Buntstiften, Stricknadeln oder Stiftkappen gedrückt. "Die Namen müssen natürlich in Spiegelschrift eingegeben werden", schmunzelte Karl Kretschmer, "doch da wissen wir einen Trick, damit so junge Schüler das hinkriegen." Obier, Kretschmer und - als Dritter im Bunde - Hans Helter waren an diesem Morgen die blau beschürzten Fachmänner, die den Kindern hautnah vermittelten, was sie selbst ein Leben lang begeistert hat: Druckhandwerk live zu erleben. Die Herren sind wahrlich vom Fach (Buchdrucker und Papiermacher) und können nicht davon lassen, auch wenn das Drucken heutzutage längst andere Wege geht. Wie es einmal war, das erzählen die in der Hospitalscheune präsentierten Zeugen des historischen Druckgewerbes.
Die 30-köpfige Kinderschar - zwei Tage zuvor waren bereits die Klassen 3 und 4 aus Götzingen in Mosbach gewesen - wurde in zwei Gruppen aufgeteilt. Während eine Klasse durch die 2003 eingerichtete Druckabteilung im Stadtmuseum pilgerte, hantierte die andere nebenan in der pädagogischen Druckwerkstatt. Dann war Seitenwechsel. Und am Ende die einhellige Erkenntnis: Museum ist ja gar nicht langweilig. Sogar der siebenjährige Dustin musste eingestehen, dass sich seine Erwartung, dass es langweilig werden würde, nicht erfüllt hatte: "Cool war’s. Hier würde ich meinen nächsten Kindergeburtstag feiern." Bitte sehr, kein Problem. Die Druckwerkstatt macht auch das möglich.
Seit 1994 ist der rührige Verein am Werk. Zehn der gut 60 Mitglieder bilden den Kreis der Aktiven, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit der "Schwarzen Kunst" hautnah vertraut machen. Das geschieht zum einen in der Museumsabteilung Druckgewerbe und zum anderen in der Druckwerkstatt. Auf 60 bis 70 Aktionen im Jahr bringen es die Vereinsaktiven; in einem Jahr seien sogar mehr als 1000 Besucher auf Gutenbergs Spuren unterwegs gewesen, weiß Vereinsvorsitzender Karl Kretschmer. Und sein Kollege Hans Helter fügt an: "Wir gehen auch schon mal mit allem Drum und Dran außer Haus, ins Pfalzgrafenstift etwa."
Museumsleiter Stefan Müller ist vom Tun der Herren ebenfalls begeistert: "Das ist weit und breit einmalig, was die hier leisten." Den pädagogischen Wert weiß er sehr zu schätzen. "Lebendiger geht’s nicht, und wer den Ort Museum auf diese Weise erlebt, der hat einen ganz anderen Bezug dazu." Auch Klassenlehrerin Christiane Müller findet die "Kombi aus Information und Aktion super." Zumal sie bestens in das Schuljahresprojekt passe, das sich "rund ums Buch" drehe. Beim Mosbacher Spielefest war sie auf das Angebot der Druckwerkstatt aufmerksam geworden.
"Kinder von heute drucken mit Technik von gestern", haben die Vereinsaktiven auf ihren Prospekt geschrieben, pardon, gedruckt. Die Begeisterung, mit der das alte Handwerk hier vermittelt wird, die ist weder von gestern noch museal.