Diedesheim. (frh) Rund 200 Mitarbeiter arbeiten im Werk der ehemaligen Maschinenfabrik Diedesheim (MfD) an der Steige. Zuletzt von der taiwanesischen "Fair-Friend-Group" (FFG) aufgegeben und kurz vor der Schließung stehend, hat nun das Start-Up-Unternehmen "Zuse Automation" übernommen und startet das Werk unter dem Namen "Zuse Hüller Hille Werkzeugmaschinen GmbH" neu. Zum offiziellen "Auftakt" lud man nun die Mitarbeiter, die allesamt übernommen und mit einer zweijährigen Beschäftigungsgarantie ausgestattet wurden, am Freitagnachmittag zu einem Betriebsfest auf das Werksgelände ein.
Die "Kick-Off-Days" verband man mit der Feier zum 70-jährigen Bestehen der nach dem zweiten Weltkrieg 1947 in vormaligen Baracken und Hallen des stillgelegten Zementwerkes Diedesheim begründeten Fabrik. Begrüßen konnte Geschäftsführer Ralph Christnacht auch den Mosbacher Oberbürgermeister Michael Jann sowie eine ganze Reihe ehemaliger Beschäftigter des traditionsreichen Industriebetriebs. Stimmungsvolle musikalische Umrahmung war in Gestalt der Mosbacher Band "The Bautzy’s" organisiert. Den Werkshof rahmten Trucks mit kulinarischen Angeboten, die in Mosbach zuletzt durch die Streetfood-Festivals bekannt wurden, atmosphärisch ein.
"Keine Selbstverständlichkeit" nannte Jann die Möglichkeit zu einer Jubiläumsfeier angesichts zurückliegender "turbulenter Monate mit einigen Krisengesprächen". Umso mehr zolle er den Mitarbeitern Anerkennung für ihr Durchhaltevermögen und gratulierte dem Unternehmen zu einem "Standort, aus dem man etwas machen kann".
Danach gab es reichlich Geschenke für den neuen Chef. Erst ein Wandbild mit einem Gruppenfoto der Belegschaft, dann ein Kuchen, der in der Optik der im Werk gebauten Maschine "NBH 630 5X" gestaltet wurde. Und schließlich gab es, überreicht durch Peter Steinert vom Betriebsrat, noch ein aus Zeiten der früheren MfD stammendes Schild mit der Aufschrift "Diedesheim", das aufgearbeitet und in den neuen blauen Farben des Unternehmens hinterlegt wurde. Ein Stück weit greifbar wurde darin auch die Aufbruchsstimmung, die sich in den Worten von Joachim Krischke, Projektleiter Entwicklung, widerspiegelte: "Wir wissen, dass wir uns auch verändern müssen".
Die Möglichkeit zu Rundgängen nutzten insbesondere die mitgekommenen Familien und Freunde der Mitarbeiter. Und auch Oberbürgermeister Jann ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, sich von Fertigungsleiter Marcus Sitte einige der in den Werkshallen ausgestellten Maschinen zeigen und erklären zu lassen. Dabei erklärte Sitte, dass heute die Maschinenbestandteile größtenteils nicht mehr selbst hergestellt, sondern in Modulen eingekauft und montiert werden.
Nach dem "Just-in-Time"-Prinzip sei man in der Lage, schnell und präzise am Markt anzubieten und die individuellen Kundenwünsche in der Zusammenstellung der jeweiligen Produktionsanlagen passgenau zu berücksichtigen.
"Wir haben eine eigene Plattform gesucht und hier genau das Richtige gefunden", erklärte Ralph Christnacht die Entscheidung für den Kauf des Werkes in Diedesheim. "Es gibt nicht viele solcher Werke, die zum Verkauf stehen", zeigte er sich überzeugt, hier durch Branchenkenntnisse und Kontakte einen vielversprechenden Griff getätigt zu haben. Für die neue Werkzeugmaschinen GmbH soll Diedesheim die Stammniederlassung sein - die Zuse Holding GmbH (bisher in Bad Tölz angesiedelt) will ihren Sitz ebenfalls nach Diedesheim verlegen. Geldgeber von Zuse ist wiederum die "CW Group Holdings Limited", in Hong Kong als Limited-Gesellschaft registriert. Der Aufsichtsratsvorsitzende der CW Group, William Wong, wollte sich den Neustart nicht entgehen lassen und war beim Betriebsfest ebenfalls mit dabei.
Die von den Zuse-Verantwortlichen ausgegebenen Ziele klingen ähnlich wie die, die 2013 der taiwanesische Vorbesitzer von FFG bei Übernahme in Diedesheim nannte. Und auch diesmal kommen zumindest die Geldgeber im Hintergrund aus Fernost. Das Unternehmen Zuse Automation selbst wurde erst vor etwa einem Jahr von jungen Unternehmern gegründet. Die zukünftige Entwicklung des Diedesheimer Traditionswerks in der Hand seiner neuen Eigentümer darf man also mit Spannung verfolgen. Aber gleichzeitig auch mit der ernsthaften Hoffnung, dass es durch neue Konzeptionen und Ansätze gelingen könnte, den Industriestandort wiederzubeleben und eine erhebliche Anzahl von Arbeitsplätzen dauerhaft zu sichern. Damit man nach dem jetzt begangenen Jubiläum dann das 75-jährige Bestehen als gesundes Unternehmen feiern kann.