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Elterninitiative "Sonnenschein": Ein Netzwerk für Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen

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Von Stephanie Kern

Neckar-Odenwald-Kreis. "Es ist normal, verschieden zu sein." Mit diesem einfachen Satz sind seit kurzer Zeit Eltern von Kindern mit Behinderung zum gegenseitigen Austausch aufgerufen. Erst vor etwa zehn Wochen hatten Sylvia Winde und Alexandra Link die Idee zur Gründung der Elterninitiative "Sonnenschein". Und damit wohl ein Feld gefunden, dass noch so gut wie nicht besetzt ist. "Wir wollen Austauschmöglichkeiten von und für Eltern mit behinderten Kindern schaffen", erklärt Sylvia Winde.

Die sechsfache Mutter hat drei Mal Zwillinge bekommen. Die jüngsten, Ole und Oscar, kamen in der 25. Schwangerschaftswoche als Extrem-Frühchen zur Welt. Kurz nach dem zweiten Geburtstag der Zwillinge erhielt Ole die Diagnose "Infantile Zerebralparese". Mit viel Therapie arbeitet die Familie darauf hin, dass Ole frei stehen oder gehen kann. "Zwei Jahre lang hat man uns immer erzählt, alles wird gut", sagt Sylvia Winde. Als sie dann die Diagnose erhielt, stand sie erst einmal vor einem ganzen Berg von Fragen. Sylvia Winde: "Wer ein gesundes Kind hat, hat in Krabbelgruppen sofort viele Möglichkeiten, sich auszutauschen und Fragen zu stellen. Aber mit behinderten Kindern hat man andere Fragen." Welcher Zahnarzt beispielsweise empfehlenswert ist, oder welches Kinderzentrum man aufsuchen kann. "Das sind ja auch Fragen, zu denen man sich regional austauschen möchte", meint Winde. Denn trotz Internet und diverser Facebook-Gruppen: Der regionale Austausch sei unersetzbar.

Das zentrale Problem sei, so Christiane Rosskopf, dass es keine zentrale Anlaufstelle gibt, keine Beratungsstelle, die Betroffenen sagt, was ihnen zusteht. Rosskopf ist in der "Eltern-Angehörigen-Betreuer-Vertretung" der Johannes-Diakonie in Mosbach. Ihre Tochter ist 24 Jahre alt. Sie kam als gesundes Kind zur Welt. Nach einer Impfung habe sie sich einfach nicht mehr weiter-, sondern eher zurückentwickelt. Nach einem ersten epileptischen Anfall, als ihre Tochter drei Jahre alt war, begann eine Odyssee von Untersuchungen. Bis heute gibt es keine Diagnose. Aber eine Prognose: Als ihre Tochter sieben Jahre alt war, sagten die Ärzte zu Christiane Rosskopf, dass die Tochter höchstens 15 Jahre alt werde. "Für mich brach eine Welt zusammen", sagt Rosskopf. Sie habe dann vieles hinter sich gelassen und sei ihren Weg mit ihrer Tochter weitergegangen. Inzwischen ist auch sie in der Elterninitiative engagiert. "Informationen darüber, was einem zusteht, muss man sich an vielen Stellen zusammensuchen", so Rosskopf. Nach der Diagnose werde man alleine gelassen, es gebe niemanden, der einen berät, keine zentrale Anlaufstelle.

So empfindet es auch Alexandra Link. Ihr elfjähriger Sohn hat das Angelman-Syndrom, einen Gendefekt. Es hieß immer, er sei "sprachauffällig". Nachdem ihr Sohn nicht gesprochen hatte, wurde nach und nach die ganze Familie unter die Lupe genommen. Mit sechs Jahren gab es einen Gentest, der dann dieses Ergebnis lieferte. "Um ehrlich zu sein, war es für mich nicht der Riesenschock, sondern eine gewisse Erleichterung", erzählt Alexandra Link. Als sie nach Jahren ihre frühere Bekannte Sylvia Winde trifft und von ihrer Geschichte erfährt, schließen sich beide sofort zusammen, um die Elterninitiative zu gründen. "Es soll niemandem so wie mir gehen", sagt Sylvia Winde und meint damit, keinen Ansprechpartner zu haben, keinen, der in einer ähnlichen Situation ist.

Dass der Bedarf im Kreis und darüber hinaus besteht, hat schon nach wenigen Wochen die Resonanz gezeigt: In der What’s-App-Gruppe sind schon 30 Teilnehmer aktiv, es gab auch schon zwei Treffen, zu dennen je etwa 15 Eltern mit ihren Kindern kamen. Von Zöliakie bis schwersten geistigen Behinderungen reichen die Einschränkungen der Kinder. Die stehen bei den Treffen übrigens im Mittelpunkt, denn auch sie sollen Kontakte knüpfen und merken, dass sie nicht alleine sind mit ihrer Behinderung.

Die Stimmung übrigens ist alles andere als angespannt. Auch wenn die Aufgabe keine einfache ist. "Nicht jeder bekommt diese Aufgabe", sagt Sylvia Winde. Und man merkt, dass sie es ernst meint mit dem Satz vom Anfang: "Es ist normal, verschieden zu sein."

Info: Nächstes Treffen ist im August im "fideljo". Interessenten können sich unter Tel.: (01 51) 56 65 01 84 melden.


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