Quantcast
Channel: Mosbach
Viewing all articles
Browse latest Browse all 8199

Straßentheater in Mosbach: Ein Festival der leisen Töne

$
0
0

Von Peter Lahr

Mosbach. Es gilt als einer der Höhepunkte des Mosbacher Sommers: das Internationale Straßentheater, das am Sonntag für reichlich Spannung und Gelächter auf den Plätzen und Gassen der Altstadt sorgte. Auf dem Marktplatz startete das Spektakel mit einem "Local Hero": Nicolai Pfisterers "Sax Shop". Bis zum Abend erlebten die Gäste acht Ensembles und Solisten. Die Bandbreite war dieses Mal sehr weit. Die Gäste honorierten das bunte Treiben nicht nur durch Füllen der Hüte am Ende der Vorstellungen. Auch der freiwillige Sympathie-Button fand reißenden Absatz: Rund 900 Stück konnte das Team um Organisatorin Christine Funk unters Volk bringen.

Die vier tänzerischen Saxofonisten erweckten schnell die Aufmerksamkeit zweier rätselhafter Röhrenwesen. "Die Miniherde" war dem "Theater Rue Pietonne" entsprungen und nutzte jede Möglichkeit, mit den Passanten auf Tuchfühlung zu gehen. "Vorsicht, er hat Flöhe", warnt der vorsorgliche Zoowärter vor allzu engem Kontakt. Lakonische Kommentare sowie immer neue Annäherungsversuche der Röhrenwesen sorgten für gute Laune. "Super! Cool!", fanden nicht nur die jüngeren Gäste.

"Wir fangen an, wenn es los geht", lautete das Motto von Günter Fortmeier im Hospitalhof. Der Kleinkünstler kümmerte sich zwar fürsorglich um das Wohl seiner Gäste. Doch Bauchrednerpuppe Klein-Rudi grätschte, wo es nur ging: "Vati kann gar nicht zaubern", motzte er, während ein kleingezauberter Riesenelefant namens Susi im Handumdrehen im Verschwindungsgerät den Abgang machte.

"Was haben denn die alles dabei?", wunderte sich ein Junge an der Bachmühle über die Requisiten der "Flying Dutchmen". "Ich bin ein entfernter Neffe von Rudi Carrell", stellte sich Michiel Hesseling vor. Zusammen mit seinem kanadischen Partner Jean-Michel Paré kombinierte er sensationell Artistik mit bitterbösem, schwarzem Humor. Die beiden Meister der Verzögerung genossen es sichtlich, die Spannung zu steigern und gaben dann dem Affen reichlich Zucker. "TNT, Peng!", fasste Hesseling das Geschehen zusammen. Und tatsächlich wirbelten die beiden Ausnahmeartisten auf haushohen Einrädern, jonglierten dabei mit Feuerkeulen oder warfen der wagemutigen Freiwilligen ganz lässig mit einer Keule die Zigarette aus dem Mund.

"Es ist total widersprüchlich, was wir machen", rätselten Adrian Engels und Markus Riedinger nicht nur darüber, wieso sie sich "ONKeL fISCH" nannten - "der Name Spice Girls war schon weg". Auch auf das Zeitgeschehen im Allgemeinen und die sensationelle Teilmöblierung Mosbachs mit Wahlplakaten im Besonderen machte sich das gut verlinkte Duo seine ganz eigenen skurrilen Reime.

Weshalb Klaus Renzel sein Programm auf dem Modemix-Parkplatz ausgerechnet "Renzel und Gretel" überschrieb, blieb nicht minder rätselhaft. Der Kölner Gitarrist himmelte in Ermangelung von Elises im Publikum auch gerne mal eine Steffi an. Mit Zeitlupe-Bewegungen überraschte Renzel ebenso wie mit der Geburt einer kleinen Flamenco-Gitarre. Glücklicherweise hatte der Profi seine Pömpel-Sammlung mit an Bord.

Menschen und Bälle jonglierten Stefan Sing und Cristiana Casadio gleichermaßen sensationell. Ihr Bewegungstheater auf der Marktplatzbühne erzählte ohne Worte, dafür mit vielen Bällen und großem Einfallsreichtum die ewige Geschichte von Adam und Eva. Gewissermaßen am anderen Ende des "Körpertheaters" bewegte sich "Lejo" aus den Niederlanden auf der fröhlichblauen Bühne des Parkdecks Kipphan. Durch eine Manege voller Träume führten Lejos Finger, die sich in immer neue Wesen verwandelten. Das Reich der Fantasie, es endete am frühen Abend, und es spricht für das Straßentheater, dass so viele kleine und große Menschen gut gelaunt durch Mosbachs Straßen heimwärts zogen.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 8199