Von Heiko Schattauer
Stuttgart/Aglasterhausen. Lösung gesucht - Kompromiss gefunden. Oder: Manchmal muss man erst ein bisschen im Kreis laufen, um dann festzustellen, dass man eigentlich schon mal am Ziel angelangt war. Der Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg war zu Beginn der Woche in Aglasterhausen zu Gast, um sich mit einer Photovoltaikanlage, die auf einem denkmalgeschützen Anwesen in Daudenzell installiert wurde, zu befassen. Und dabei auch mit der Frage: Wie sehr beeinträchtigt eine solche Anlage das historisch wertvolle Bild bzw. bis zu welchem Grad ist eine solche Beeinträchtigung zu tolerieren?
Am Ende der Zusammenkunft im Rathaus Aglasterhausen fand man tatsächlich "einen guten Kompromiss", wie MdL Georg Nelius, zusammen mit seinem Landtagskollegen Hermino Katzenstein als Petitionsausschuss-Gesandte im Kleinen Odenwald, zufrieden zusammenfassen konnte. Sogar auf den Vor-Ort-Besuch, der sich eigentlich an den Austausch der Standpunkte im Bürgersaal hätte anschließen sollen, konnte man verzichten.
Stein, oder besser: Anlage des Anstoßes ist die PV-Installation der Eheleute Pirsch im Wasseräckerweg. Auf einem Scheunendach des um 1800 angelegten Hofes hat Mathias Pirsch schon vor einigen Jahren eine Photovoltaikanlage mit insgesamt 83 Elementen angebracht. Eine Genehmigung hatte er dafür nicht eingeholt, Pirsch war davon ausgegangen, dass der Denkmalschutz lediglich für das Hauptgebäude des Anwesens bestehe. Überhaupt habe man, so die Eheleute Pirsch, erst rund zehn Jahre nach Erwerb des Hauses (1994) erstmals etwas vom bestehenden Denkmalschutz erfahren.
Im Zuge eines geplanten Umbaus im Haupthaus waren dann geraume Zeit nach der PV-Anlageninstallation und deren Inbetriebnahme Vertreter des Denkmalschutzes vor Ort - und wurden auf das Scheunendach aufmerksam. Die Konsequenz einer offenbar recht emotionalen Diskussion zwischen Hausherr und Behördenvertreterin mündete schließlich in der Aufforderung, die Anlage komplett wieder zu entfernen. Nach mehreren Runden des Aufeinanderzugehens und sich wieder Entfernens stand die Einreichung einer Petition beim Landtag im Mai 2017.
Gemeinsam mit Nelius und Katzenstein fanden sich nun also mehrere Vertreter der verschiedenen, in Sachen Denkmalschutz involvierten Behörden (u. a. Landratsamt, Regierungspräsidium) mit Nicola und Mathias Pirsch an einem Tisch. Den beide Seiten nach gerade mal 60 Minuten des Austauschs erhobenen Hauptes verlassen konnten - die beiden Landtagsvertreter können dem Petitionsausschuss im Nachgang einen Kompromissvorschlag unterbreiten, mit dem wohl alle Beteiligten durchaus leben können: Die Pirschs entfernen 21 der 83 Module - die oberste und jeweils die äußerste Reihe - der Installation. Damit ist die "erhebliche Beeinträchtigung der Aussagekraft des Anwesens" (Dr. Henriette von Preuschen/Landesdenkmalpflege) durch die PV-Anlage weniger erheblich. Und sie kann dennoch wirtschaftlich und im Sinne der Nachhaltigkeit betrieben werden.
Ehe man sich auf diesen Kompromiss, den es eigentlich im Laufe des regen und kontroversen Austauschs schon einmal gegeben hatte, verständigte, durften beide "Seiten" ihre Standpunkte noch einmal ausführlich darlegen. Die Petenten stellten dabei vor allem auch das ökologische Motiv in den Vordergrund (Energieeinsparung). Von Behördenseite wollte man insbesondere die außergewöhnlichen Merkmale des Anwesens gewürdigt wissen und damit die Notwendigkeit des Denkmalschutzes unterstreichen. Und dabei auch noch einmal klar stellen, dass "nicht ein Paneel" der PV-Anlage genehmigt worden sei. "Wir sind mehrfach über unseren Schatten gesprungen", betonte Dr. Henriette von Preuschen in Bezug auf ein Entgegenkommen der Denkmalschutzbehörden zugunsten der Pirschs.
Von Preuschens Kollege Dr. Markus Breithaupt (Höhere Denkmalschutzbehörde/RP Karlsruhe) lieferte dann die Vorlage für den finalen Kompromiss-Treffer nach mehr als zwei Jahren des Schlagabtauschs um die Photovoltaikanlage auf der denkmalgeschützten Scheune. Ein Teil davon kommt zeitnah runter (und wenn möglich auf das Dach eines anderen Nebengebäudes), dafür wird eine Legitimierung der Anlage auf den Weg gebracht und auf ein (im Raum stehendes) Bußgeld für das einst ungenehmigte Errichten der Anlage von Behördenseite verzichtet.
Den gefundenen Kompromiss werden Nelius und Katzenstein im Petitionsausschusses vorlegen, dann soll eine Empfehlung für die nächstmögliche Landtagssitzung folgen. "Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit", so Georg Nelius, wird die zäh errungene Übereinkunft dann durchgewunken. Und der Fall ist ein für alle mal erledigt. Punkt. Und gut.