Von Alexander Rechner
Mosbach. Das derzeitige Niedrigzinsumfeld stellt für deutsche Banken und Sparkassen eine Herausforderung dar. Gerhard Stock, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Neckartal-Odenwald, erklärt beim "Gespräch im Rathausturm", wie sich das regionale Bankinstitut auf die Politik der Europäischen Zentralbank eingestellt hat, und wie man das Haus in die weitere Zukunft führen will. Gleichzeitig nennt der Finanzexperte Gründe, warum Sparen weiterhin sinnvoll ist, und unterstreicht die Bedeutung der finanziellen Förderung von Vereinen und Organisationen durch die Sparkasse.
Herr Stock, wir treffen uns heute auf dem Rathausturm. Von hier aus hat man einen tollen Ausblick auf die Sparkasse. Richten wir den Blick in die Zukunft - wie soll sich die Sparkasse Neckartal-Odenwald weiter entwickeln?
Gerhard Stock: Das Bankwesen steht vor großen Herausforderungen. Das Geschäft ändert sich rasant. Heutzutage sind wir mit einem zunehmend veränderten Kundenverhalten konfrontiert. Viele Kunden nutzen unser digitales Angebot. Dabei müssen wir auch konstatieren, die Kunden kommen immer seltener in die Geschäftsstellen. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass wir als eine in der Region verwurzelte Bank immer persönlich mit den Menschen in Kontakt sein werden. Die Präsenz in der Fläche ist für uns elementar. Das wird auch in Zukunft so bleiben.
Sie sprachen die Digitalisierung an. Ist sie Fluch oder Segen für Ihr Haus?
Die Digitalisierung ist weder Fluch noch Segen, sondern eine Entwicklung unserer Zeit. Jedoch stellt sie an Banken und Sparkassen im Hinblick auf spezielle Sicherungsnachweise und -verfahren besondere Anforderungen. So müssen wir unter anderem gewährleisten, dass genutzte Daten nicht unberechtigt verwendet werden können.
Wie ist aus Ihrer Sicht der hiesige Bankenplatz aufgestellt?
Er zeichnet sich durch eine Reihe von Mitbewerbern aus, die allerdings nicht mehr alle nur vor Ort präsent sind, sondern auch über das Internet mit uns konkurrieren. Insofern ist die Bankenlandschaft anspruchsvoller geworden.
Wie bewerten Sie die Fachkräftesituation im Landkreis?
Für unser Haus gilt, dass wir selbst ausbilden müssen. In diesem Jahr haben elf junge Menschen bei uns ihre Ausbildung begonnen. Die Möglichkeit, qualifiziertes Personal von außen zu akquirieren, ist begrenzt. Von den Unternehmen aus anderen Branchen höre ich auch, dass diese große Mühe haben, Personal zu finden, bzw. viele Stellen unbesetzt sind, vor allem im technischen Bereich.
Seit der Eurokrise will die Bankenaufsicht die Geldhäuser in die Pflicht nehmen, mehr Eigenkapital vorzuhalten. Wie sehen Sie Ihr Institut hier aufgestellt?
Die Sparkasse Neckartal-Odenwald ist aktuell mit einer Eigenkapitalquote von 17,6 Prozent gut aufgestellt. Unser Haus erfüllt damit die derzeitigen Mindestkapitalanforderungen deutlich. Damit bewegen wir uns auch im Mittelfeld der baden-württembergischen Sparkassen. Das Eigenkapital ist für unser Haus wichtig, es ist unsere Währung.
Wie wird das Bankgeschäft in Zukunft gestaltet sein?
Die Nutzung von digitalen Anwendungen über das Internet, Online-Banking und Banking-Apps werden sicherlich weiter zunehmen. Auch das kontaktlose Bezahlen zur Nutzung als Geldbörse und weitere Online-Bezahlverfahren werden sich ausweiten. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass der persönliche Kontakt weiterhin seinen Stellenwert behalten wird.
Sie übernehmen seit über drei Jahrzehnten Verantwortung für die Sparkasse Neckartal-Odenwald. Wie sehen Sie Ihre Zukunft in Ihrem Haus?
Meine berufliche Zukunft in der Sparkasse Neckartal-Odenwald sehe ich als endlich an (lacht). In der Tat bin ich schon über 30 Jahre im Vorstand unseres Hauses tätig, dann darf auch der Zeitpunkt näher kommen, die Verantwortung in jüngere Hände weiter zu geben.
Was macht für Sie den Reiz aus, als Vorstandsvorsitzender gestalterisch zu wirken?
Seit 45 Jahren bin ich im Sparkassenbereich tätig. Und in all diesen Jahren gab es kaum einen Tag, an dem ich nicht gerne zur Sparkasse ging. Für mich ist es eine Berufung. Es ist ein sehr interessanter und facettenreicher Beruf. Ich komme dabei mit vielen Menschen zusammen und kann in vielen Bereichen unterstützend und gestalterisch mitwirken. Es ist für mich ein Privileg, diesen Beruf ausüben zu dürfen.
Welche Auswirkungen hat die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank auf das Geschäft der Sparkasse Neckartal-Odenwald?
Die Europäische Zentralbank hat mit ihrer Politik den Zins praktisch abgeschafft. Das kann mittelfristig nicht ohne Auswirkungen auf die Zinserträge bleiben. Eine massive Ertragsminderung auch für unsere Sparkasse geht damit einher.
Die Kunden müssen derzeit Abstriche machen. Aufs Sparbuch bekommt man keine Zinsen mehr. Warum?
Dies resultiert aus der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Wenn unser Haus beispielsweise überschüssiges Geld im Bankenbereich anlegt, werden wir derzeit mit Minuszinsen von 0,4 Prozent belastet. Im Kundengeschäft werden wir solange als möglich auf die Berechnung von Minuszinsen verzichten.
Aber warum sollten unsere Leser denn noch Geld zur Bank bringen, wenn sie dafür nicht mal mehr Zinsen bekommen?
Sparen lohnt sich auch ohne Zinsen. Denn wer spart, schafft sich finanzielle Polster mit eigenem Geld. Es sind Reserven für schwierige Lebenssituationen und eine Daseinsvorsorge. Sparen auch ohne Zinsen ist unerlässlich.
Werden Sie in Zukunft weitere Zweigstellen schließen?
Die Sparkasse Neckartal-Odenwald ist ein regional tätiges Institut, das flächendeckend mit Zweigstellen präsent sein will. Aktuell sehe ich unser Haus mit unserem derzeitigen Zweigstellennetz gut aufgestellt. Aber: Natürlich überprüfen wir immer wieder aufs Neue unsere Struktur. Weitere Zweigstellenschließungen sind derzeit nicht geplant. Um als Sparkasse wirtschaftlich zu bleiben, müssen wir auf der Kostenseite allerdings weiterhin Einsparungen vornehmen und zusätzliche Ertragspotenziale erschließen.
Die Sparkasse Neckartal-Odenwald engagiert sich für Ehrenamtliche, Institutionen und Vereine. Warum liegt dieses Engagement der Sparkasse besonders am Herzen?
Das Engagement für das Gemeinwohl ist ein zentraler Bestandteil unserer Geschäftsphilosophie gemäß unserem Kerngedanken "Aus der Region, für die Region". Dies gehört zur DNA unseres Hauses. Die enge Verbundenheit unseres Hauses mit der Region zeigt sich somit auch in unserem umfangreichen gesellschaftlichen Engagement. Uns ist bewusst, wie wichtig das Ehrenamt, Vereine und andere Gemeinschaftseinrichtungen für den regionalen Zusammenhalt sind. Daher unterstützen wir diese in ihrer Arbeit.
Was konnte über die Stiftergemeinschaft für die Region bewegt werden?
Seit der Gründung der Stiftergemeinschaft im Jahr 2012 werden unterschiedliche Projekte von Schulen, Vereinen und Einrichtungen im gesamten Geschäftsgebiet gefördert. Besonders hervorzuheben sind unter anderem die Schlossfestspiele Zwingenberg und Junge Philharmonie Neckartal-Odenwald, die jährlich mit Fördergeldern unterstützt werden.
Weshalb beteiligt sich die Sparkasse an der RNZ-Weihnachtsaktion?
Die RNZ-Weihnachtsaktion ist eine grandiose Initiative, um gezielt notleidenden Menschen im Neckar-Odenwald-Kreis zu helfen. Als mich vor vielen Jahren der ehemalige Mosbacher Redaktionsleiter Gerhard Layer auf eine Beteiligung an dieser Aktion ansprach, sagte ich sofort zu. Unser Haus ist schon seit Beginn dabei und erhöht jedes Jahr zum Ende die Spenden der Bürger um zehn Prozent. Das gesammelte Geld kommt aus der Region und ausschließlich Hilfsbedürftigen in der Region zugute, und kommt genau dort an, wo es benötigt wird.