Von Benjamin Auber
Elztal-Neckarburken/Rom. Gerade erst von seiner Pilgerreise zurückgekehrt, den Rucksack in die Ecke geschmissen, um sich von den Torturen in Mittelitalien zu erholen, öffnet Manfred Fischer seinen Briefkasten und holt einen Umschlag heraus. Das feste Papier mit einem kirchlichen Siegel lässt etwas Besonderes vermuten. Seine Ahnung bestätigt sich kurze Zeit später: Papst Franziskus bedankt sich mit einem Schreiben für das Geschenk.
Was für ein Geschenk? Manfred ließ dem Heiligen Vater bei seiner Vatikanführung mehrere Flaschen Schwarzbier überbringen. "Mich hat fast der Schlag getroffen, als ich den Brief geöffnet habe", sagt Manfred, der sich über die Zeilen mit persönlicher Widmung riesig freut.
Noch vor wenigen Wochen schmückte Fischer die Titelseite der RNZ, zumindest seine Hände posierten für das Foto. "Ich bin froh, dass ich jetzt schreiben kann", stand auf dem Blatt Papier. Fischer erzählte seine bewegende Geschichte über einen jahrzehntelangen Heimaufenthalt, bei dem er nicht nur Lesen und Schreiben lernte, und wie er es geschafft hat, sich in das, in sein Leben hinein zu kämpfen. Gehandicapt von mehreren körperlichen Gebrechen, stürzt er sich seit Jahren in Reise-Abenteuer, um mit seiner Vergangenheit abzuschließen.
Diesmal sollte es der Franziskusweg sein, der von Rom bis nach Florenz stolze 563 Kilometer zählt. Damit wandelte Fischer auf den Spuren des Heiligen Franz von Assisi, der Anfang des 12. Jahrhunderts eine Wallfahrt von Florenz nach Rom unternahm. Nach einer Woche Aufenthalt in Rom, inklusive Fußwaschung im Vatikan und Gesprächen mit Priestern, die sich nach Angaben von Manfred schockiert über dessen Verletzungen zeigten, machte sich der 61-Jährige auf den beschwerlichen Weg - nur umgekehrt.
Eigentlich wird von Wanderführern eine Reisezeit von gut vier Wochen empfohlen, vor allem bei sengender Hitze Mitte August. Doch darauf wollte Manfred partout nicht hören, denn er liebt Extremsituationen, wie schon bei seiner Alpenüberquerung vor einem Jahr, als er Hannibal nacheiferte. In gut zwei Wochen absolvierte er knapp 40 Kilometer pro Tag - eine stolze Leistung. Mit durchlöcherten Wanderschuhen kam er schließlich erschöpft in Florenz an.
"Natürlich war es eine anstrengende Reise, vor allem mit der Verständigung war es schwierig, fast so wie früher", sagt Fischer mit einem Lächeln im Gesicht. Kurz vor dem Ziel in Florenz verließen Manfred unmittelbar vor der Klosteranlage La Verna die Kräfte. Als er an die Pforte klopfte, kümmerten sich die Mönche liebevoll um ihn. Brachten schnell Obst und einen Teller Suppe herbei. Verstanden hat Manfred die Mönche allerdings nicht - superschnelles Italienisch fabrizierte in seinem Kopf nur noch Fragezeichen. "Dann kamen wieder die Hände und Füße zum Einsatz, um etwas zu erklären", meint Fischer.
Auf dem Weg durch das Land übernachtete Manfred zumeist in Klöstern, die er bereits vor der Reise akribisch zusammengesucht hat. Aber auch die freie Natur hatte immer ein Schlafplätzchen für ihn frei. Um der Hitze zu entfliehen, brach Manfred meist vor sechs Uhr auf, und fand oft zur Mittagshitze Unterschlupf bei Menschen am Wegesrand. "Das hat mich tief beeindruckt. Menschen in größter Armut halfen mir mit Rat, Tat und Lebensmitteln", sagt der Reiselustige, der seit vielen Jahren in Neckarburken wohnt.
Mit der Ankunft in Florenz war der schwerste Teil geschafft - dachte der 61-Jährige. Eigentlich wollte Manfred mit dem Bus nach Deutschland zurückfahren - klappte nicht, weil der erste Bus ausfiel und der Nachfolgende nur bis Verona fuhr. Deswegen irrte Manfred eine Nacht in Florenz umher. Zwei Tage später als gedacht und sich mit Zügen ausgeholfen, kam Manfred etwas entnervt in Neckarburken an. Als er allerdings den Briefkastenschlüssel umdrehte, hellte sich seine Laune schlagartig auf. Mit Post vom Papst ist das auch kein Wunder.