Quantcast
Channel: Mosbach
Viewing all articles
Browse latest Browse all 8199

Aus für Mosbacher Bioladen: "Es geht nicht mehr"

$
0
0

Von Debora Gruhler

Mosbach. Der Trend zu "Bio-Produkten" hat in Deutschland deutlich zugenommen. Dass sich diese Entwicklung jedoch nicht zwangsläufig positiv auf den Bio-Fachhandel auswirkt, legen aktuelle Zahlen des Bundes Ökologische Lebensmittel (BÖLW) nahe: 59,1 Prozent aller Bio-Umsätze laufen derzeit über die Kassen im Supermarkt, in der Drogerie und im Discounter - und nicht über den Fachhandel.

Besonders schwer haben es die kleinen, inhabergeführten Lebensmittelgeschäfte - so auch das "Naturquell" am Rande der Mosbacher Altstadt. Inhaberin Nuria Sierra Parejo sieht sich gezwungen, Ende des Jahres ihren Bioladen zu schließen. 21 Jahre lang habe sie allen Widrigkeiten zum Trotz ihr Geschäft erfolgreich geführt, sogar im Einzelhandel ausgebildet - "aber jetzt geht es nicht mehr".

Seit Jahren stehe ihr Geschäft unter enormen Druck, berichtet die Deutsch-Spanierin. Die Kundenzahlen gingen zuletzt stark zurück, Einnahmen verringerten sich. Gründe hierfür sieht Inhaberin Sierra Parejo nicht nur bei der Konkurrenz durch andere Anbieter von Bio-Produkten; mehrere Faktoren hätten zur derzeitigen Situation geführt.

Zunächst hatte die Großbaustelle des neuen "Quartiers an der Bachmühle" - Baubeginn 2013 - den Kundenfluss belastet. Hatte Jahre zuvor der große Parkplatz direkt vor der Tür einen offenen Zugang zum Bioladen gewährleistet, sorgte die zwei Jahre andauernde Baustelle für Verkehrschaos.

"Die vielen Menschen, die damals den Parkplatz genutzt haben, sind nicht mehr da", sagt Sierra Parejo. Mit der Eröffnung des Quartiers mit Rewe, H&M und Co. habe sich auch die Lage ihres Ladens stark verschlechtert: Bot zuvor die Parkfläche reichlich Platz und bequemen Zugang zum Lebensmittelladen, liegt er nun versteckt hinter einem großen Gebäudekomplex. Den Kunden sticht er heute alles andere als "ins Auge".

Vor gut zwei Jahren, im Frühsommer 2016, kam zudem das Hochwasser. Für zwei Monate musste sie die Bachmühle verlassen und alternative Geschäftsräume in der Innenstadt beziehen. Neben der finanziellen Belastung durch den Wasserschaden kamen hier die Probleme der Kundenbindung und schlechten Erreichbarkeit hinzu.

Denn, so erklärt die 49-Jährige, als Lebensmittelgeschäft sei man auf ortsnahe Parkplätze angewiesen, damit Kunden ihre schweren Einkäufe nicht lange schleppen müssen. Und letztlich lasse sich der wachsende Konkurrenzdruck durch Discounter und vor allem Bioladen-Ketten nicht abstreiten. "Diesen haben wir gespürt und spüren wir mit jedem Tag."

Dennoch möchte Sierra Parejo sich und ihren Laden nicht als Opfer solcher größeren Ketten sehen. Für die Geschäftsinhaberin sind es die Menschen, die mit ihrem Konsum- und Einkaufsverhalten mitentscheiden, ob kleine Läden (wie der ihre) gegen die großen Konkurrenten bestehen können.

"Die Menschen entscheiden, wo sie einkaufen gehen", erklärt die Inhaberin von Naturquell, "und die Stadt erkennt nicht, dass Mosbach ein Problem hat". Kleine, inhabergeführte Geschäfte werden sich nicht mehr lange in der Innenstadt halten können, prognostiziert sie. Zu hoch seien Mietpreise und Gewerbesteuer.

Dazu kommen aus ihrer Sicht die finanziellen Risiken, die man als Kleinunternehmen nicht durch "Zuschussgeschäft", also mit anderen Fialen, ausgleichen könne. Und mit diesem Problem stehe sie nicht alleine da: "Wie mir geht es auch anderen Einzelhändlern in der Innenstadt."

Versuche in den vergangenen Jahren, einen alternativen Standort für ihren Bioladen zu finden, waren aufgrund der hohen Mieten erfolglos: "Ich habe keinen bezahlbaren Ort gefunden." Daher fasste die Ladenbesitzerin Mitte dieses Jahres den Entschluss, das Geschäft zu schließen. Und das ist ihr keinesfalls leicht gefallen.

Angelika Bremer-Senk und ihr Mann, langjährige Kunden von "Naturquell", zeigten sich angesichts der bevorstehenden Schließung bestürzt: "Dadurch bricht ein Stück Lebensqualität weg." Sie kamen gern in Sierra Parejos Laden, schätzten die persönliche Ansprache und individuelle Beratung. "Wir bedauern das sehr", so Herwig Senk.

Für Nuria Sierra Parejo ist die Sache gelaufen, die Schließung beschlossene Sache. Aber sie wünscht sich, dass ihre Geschichte ein Weckruf an die Stadt ist, ihren Umgang mit kleinen Geschäften zu überdenken. Und vielleicht ein Denkanstoß für die Menschen in und um Mosbach wird, das eigene Einkaufsverhalten zu hinterfragen - und wegzukommen vom bequemen Weg in die großen Einkaufszentren und Discounter.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 8199