"In wenigen Tagen ist das Jahr 2016 schon wieder Geschichte. Irgendwie scheint sich die Lebensuhr immer schneller zu drehen. Schon George Orwell hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zeit gar nicht schneller vergeht als früher. Es liegt vielmehr an uns selbst: Wir laufen nämlich eiliger an ihr vorbei.
Der turbulente Jahresbeginn ist vielen sicher noch gut in Erinnerung. In der Hochphase des Flüchtlingszustroms haben Monat für Monat bis zu 300 Menschen bei uns Schutz und Zuflucht gefunden. Was wir dabei erleben durften, war eine beispiellose Welle der Hilfsbereitschaft und der mitmenschlichen Solidarität. Einigkeit für Recht und Freiheit. Der kleine Neckar-Odenwald-Kreis hat wirklich Herz gezeigt. Kein zweiter Landkreis in Baden-Württemberg hat jedenfalls, bezogen auf seine Einwohnerzahl, mehr Flüchtlinge aufgenommen als wir. Das ist nur gegangen, weil so viele auf bewundernswerte Weise mitgezogen haben und auch weiterhin mitziehen - im Hauptamt und im Ehrenamt. Für diese riesige Gemeinschaftsleistung sage ich allen Beteiligten daher herzlichen Dank!
Die eigentliche Herausforderung liegt aber noch vor uns, wenn es nämlich darum geht, den entwurzelten Menschen dabei zu helfen, neue und vor allem nach-haltig wirkende Wurzeln zu schlagen. Sprachliche, berufliche und gesellschaftliche Integration. Sicher eine Herkulesaufgabe. Aber: Es tut gut zu sehen, wie viel Kraft in uns steckt, wenn wir zusammenstehen. Und: Ich hoffe sehr, dass wir uns diesen Zusammenhalt auch künftig bewahren - jetzt sogar erst recht, wo es manche offenbar gezielt darauf anlegen, zu spalten anstatt zu einen.
Solidarität war auch Ende Mai und Anfang Juni gefragt, als heftige Unwetter über Teile des Kreisgebiets hinwegzogen und Schäden in bisher nicht gekanntem Ausmaß hinterließen. Gott sei Dank sind wir zwar von Todesfällen verschont geblieben. Manche haben aber ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Dass trotzdem letztlich noch Schlimmeres verhindert werden konnte, haben wir besonders der bedingungslosen Einsatzbereitschaft und Professionalität unserer Feuerwehren und der anderen Hilfsorganisationen zu verdanken. Dafür spreche ich allen, die aktiv mit im Einsatz waren, Respekt und Anerkennung aus.
Es gibt aber auch viel Positives für 2016 festzuhalten. So schreitet unser ehrgeiziges Breitbandprojekt mit großen Schritten voran. Schnelles Internet für fast alle. Die Telekom gräbt sich wie ein Maulwurf systematisch durch das gesamte Kreisgebiet.
Die Bundeswehr kehrt nach Hardheim zurück. Ein wunderbares Weihnachtsgeschenk für die ganze Region, aber auch ein Sieg der Vernunft. Schließlich ist die Carl-Schurz-Kaserne vor noch gar nicht allzu langer Zeit für viel Geld in einen Topzustand versetzt worden und bietet mit dem größten Truppenübungsplatz in den alten Bundesländern zudem einen weiteren unschlagbaren Standortvorteil. Wir freuen uns auf die neuen Soldatinnen und Soldaten.
Kliniken behaupten sich
In finanzieller Hinsicht profitieren wir von der guten Konjunkturlage. Das ist vor allem bei der einstimmigen Verabschiedung des Kreisetats 2017 noch einmal sehr deutlich geworden. Rund 170 Mio. Euro umfasst das Zahlenwerk. Erstmals seit 15 Jahren ohne Neuaufnahme von Krediten. Und: Nach wie vor geht mehr als jeder zweite Euro in den sozialen Bereich. Gerade die Schwachen brauchen starke Fürsprecher. Ich bin dem Kreistag sehr dankbar, dass er das genauso sieht.
Die Neckar-Odenwald-Kliniken behaupten sich in einem zunehmend schwieriger werdenden Umfeld mit stabilen, ja sogar leicht steigenden Patientenzahlen. Das zeigt einmal mehr, wie unverzichtbar unsere Kliniken, aber auch das kommunale Belegkrankenhaus in Hardheim für die Menschen vor Ort sind. Andere haben angesichts der Rahmenbedingungen, die es kleinen Krankenhäusern im ländlichen Raum nahezu unmöglich machen zu überleben, bereits kapituliert: Lindenfels, Möckmühl, Brackenheim, Künzelsau. Wenn wir unsere Kliniken dauerhaft erhalten wollen, ist auch hier die Solidarität aller gefragt.
Mit Minister Peter Hauk stellen wir wieder ein Mitglied der Landesregierung. Das stärkt unsere Position. Gemeinsam mit Georg Nelius, der ebenfalls erneut ins Parlament einzog, sind wir dort weiter mit zwei einflussreichen und engagierten Abgeordneten vertreten. Ihnen, aber auch unseren vier Bundestagsabgeordneten Alois Gerig, Dr. Dorothee Schlegel, Margaret Horb und Nina Warken danke ich für ihren großen persönlichen Einsatz.
Ihnen allen und Ihren Familien wünsche ich von Herzen ein frohes Weihnachtsfest, Gottes Segen und einen guten Start in ein hoffentlich gesundes, glückliches und friedvolles neues Jahr 2017. Ich will das tun mit einem Gedicht von Edeltraud Eckert, deren Werke mich in besonderer Weise faszinieren, obwohl sie heute leider weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Die Dichterin ist 1950 im Alter von nur 20 Jahren wegen der Verteilung regimekritischer Flugblätter in der ehem. DDR verhaftet und zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Im Zuchthaus Hoheneck hat sie im März 1954 etwa ein Jahr vor ihrem viel zu frühen Tod folgende Zeilen geschrieben:
"Eines weiß ich, dass ich warten werde, wenn der Frühling auch vergeht, wenn auch über warme Erde längst ein kühler Herbstwind weht. Eines glaub ich: Du wirst kommen, eh es Winter wird und Nacht, eh der letzte Schein verglommen, von dem Glanz, den du entfacht. Eines hoff ich: Du wirst bleiben. Ich bin ganz für dich bereit, und in Schnee und Wolkentreiben ist für uns doch Frühlingszeit". Ich finde, diese Worte strahlen ähnlich wie bei Dietrich Bonhoeffer eine geradezu unglaubliche Kraft und Zuversicht aus. Genau diese Kraft und diese Zuversicht wünsche ich Ihnen deshalb auch für 2017. Von Herzen alles Gute für Sie!" Ihr Dr. Achim Brötel, Landrat