Quantcast
Channel: Mosbach
Viewing all articles
Browse latest Browse all 8199

Neckar-Hochwasser: Zwangspause kostet die Schiffer richtig Geld

$
0
0

Von Heiko Schattauer

Neckarzimmern. Nur eine Schleuse hätten sie noch passieren müssen, dann wären Evelien und Kees Schuller am Ziel gewesen. Doch der Pegel des Neckars stieg einfach zu schnell an - und so hängen die niederländischen Binnenschiffer seit vergangenem Donnerstag zwischen Neckarzimmern und Haßmersheim fest. Statt in Bad Wimpfen die im französischen Metz aufgenommene Ladung - rund 1950 Tonnen Weizen - zu löschen und die "Evisa" für die Rückfahrt Richtung Amsterdam erneut zu beladen, ist Zwangspause angesagt.

Das Hochwasser hat nicht nur das Schiff aus dem Nachbarland ausgebremst, allein am Wehr in Neckarzimmern ankern aufgrund des (zu) hohen Neckarpegels zwei weitere Frachter, im Neckarverlauf von Heilbronn bis Mannheim sind es insgesamt 32 Schiffe.

"Wir schauen jede Stunde im Internet nach dem Wasserstand", erklärt Kees Schuller, der Blick aufs Smartphone macht ihm bei unserem Besuch am "Schiffsparkplatz" allerdings wenig Hoffnung auf eine baldige Weiterfahrt. "5,40 Meter an der Schleuse Gundelsheim - das ist ja noch mal deutlich mehr als gestern", stellt der junge Kapitän fest, der die stärkere Strömung bereits zuvor als ungutes Indiz ausgemacht hatte. Ob es mit der zu Wochenbeginn prognostizierten Freigabe des Neckars für die Schifffahrt tatsächlich klappt? Am Dienstagfrüh war zumindest Skepsis angebracht. In Gundelsheim muss der Pegel dafür unter 3,80 Meter fallen.

Kees und Evelien Schuller kostet jeder Tag, den man am Neckarufer festhängt, richtig Geld. Denn mit einem Frachtschiff, das nicht fährt, ist es wie mit einem Flugzeug, das nicht fliegt: Es verursacht Kosten, statt Erträge einzufahren. Ins Klagen geraten die beiden sympathischen Holländer dennoch nicht. "So ist das nun mal", sagt Evelien Schuller. Hochwasser (und den damit verbundenen Stillstand) gebe es eben immer mal wieder. Dass man nun innerhalb von zwei Wochen zum zweiten Mal festsitze - vor Kurzem hatte man am Rhein bei Düsseldorf aus Sicherheitsgründen eine Zwangspause einlegen müssen - sei aber natürlich ärgerlich.

"Wir können ein bisschen länger schlafen", gewinnt die junge Mutter der unerfreulichen Situation auch eine schöne Seite ab. Normalerweise fahre man ja gut 14 Stunden am Tag, jetzt erhole man sich eben ein bisschen. "Der Maschinenraum ist dank Hochwasser jetzt auch schon frisch gestrichen", ergänzt ihr Mann, der in Sachen zügige Weiterfahrt auf die Geschwindigkeit des Neckars setzt. Dessen Pegel, der in den vergangenen Tagen vor allem auch aufgrund von Schmelzwasser aus dem Schwarzwald angeschwollen war, steige schnell. Falle aber auch schnell wieder.

Schnell noch mal "umparken" mussten die beiden Binnenschiffer, die seit eineinhalb Jahren selbstständig auf den Flüssen Europas unterwegs sind, ihre "Evisa" am Donnerstagabend. Als klar wurde, dass eine Weiterfahrt nicht mehr möglich ist, ankerte das 105-Meter-Schiff nämlich zunächst im Unterwasser der Wehranlage Neckarzimmern. "Das wäre aber zu gefährlich geworden", schildert Kees Schuller, warum man dann doch noch mal ein paar Meter flussaufwärts bis zum letzten freien Anlegeplatz im Oberwasser der Schleuse fahren durfte, nein: musste.

Dort sind seither die Taue am Ufer verspannt, der Anker gesetzt. Wie stark das Neckarwasser an den rund 2500 Tonnen Schiff (mit Ladung) ziehen kann, verdeutlicht das gerissene Tau, das der Matrose der Schullers am Samstagmorgen eilig ersetzen musste. "Da haben wir Glück gehabt", sagt Kees Schuller, der nach Rückgang des Hochwassers noch mit einer Menge Sand im Getriebe, besser: Holz in der Schraube rechnet. Auch wenn an den Schleusen fleißig Treibholz und Mitgeschwemmtes aus den Fluten gefischt wird, kracht es an der Schiffsschraube eine Zeit lang immer mal wieder kräftig.

Kräftig arbeiten müssen bei höherem Wasserpegel auch die Schiffsmotoren. Auf den letzten Kilometern vor der Zwangsrast bei Neckarzimmern habe etwa die "Evisa" rund 230 Liter Diesel pro Stunde geschluckt, berichten die Schullers. "Normalverbrauch sind 125 Liter/Stunde."

Immerhin: Am Dienstagnachmittag war die Aussicht darauf, dass die Zeit des Stillstands für die Schiffer aus Holland (ebenso wie für ihre Kollegen am Neckar) doch bald enden könnte, wieder besser. Für den heutigen Mittwoch war ein deutlicher Rückgang des Pegels prognostiziert, in der Nacht auf Donnerstag sollte die 3,80-Meter-Marke unterschritten werden.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 8199