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"Mosbacher Markterlebnisse": Kunsthandwerkermarkt bezauberte Besucher

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Von Peter Lahr

Mosbach. Strahlender Sonnenschein und frühsommerliche Temperaturen bereits am Auftaktsamstag. Besser könnte es der Wettergott nicht mit den "Mosbacher Markterlebnissen" meinen. Mit dem Kunsthandwerkermarkt eröffnete am Wochenende die beliebte Serie - in Kombination mit dem Französischen Markt auf den Marktterrassen sowie dem "Streetfood Festival" jenseits des Château-Thierry-Platzes.

Campbells Suppendose - von Andy Warhol zur Pop-Ikone stilisiert - im trauten Rendezvous mit holländischen "Klompen". Dieser Stilmix hat Methode bei den beiden "Kaiserstühlen". Das erste Mal sind Daniela und Uli Freund aus Bahlingen angereist, um mit Vintage-Möbeln Akzente zu setzen. "Alles ist selbst gemacht, und es sind alles Unikate", bringt Uli Freund das Besondere von Stühlen, Garderoben und Sesseln auf den Punkt. Möbel aus alten Materialien, neu gerichtet und peppig in Szene gesetzt, das kommt an: "Die Leute legen Wert darauf, etwas Besonderes zu haben. Etwas, was kein anderer hat", erklärt Freund die Faszination der Upcycling-Schätze. Nach zehn Jahr im eigenen Laden hatte Daniela Freund einfach Lust, wieder unterwegs zu sein. Mit einem großen Auto fahren die beiden "Kaiserstühler" nicht nur zu den Märkten, sondern auch in den Urlaub. Denn dort finden sie die meisten Ausgangsmaterialien.

"Ich liebe Kieselsteine, und ich bin hauptberuflich Filzerin." So erläutert Bärbel Zimmer aus Homburg, wie sie auf die Idee kam, weich und hart zu kombinieren. Mehr noch: Die handgefertigten Unikate sollen nicht nur schön aussehen, sondern haben auch noch eine Funktion. Deshalb steckt in den kleinen Filzkieseln ein echter Stein; er kann als Türstopper dienen. Und die großen Steine seien prima Sitzkissen. In Mosbach ist Bärbel Zimmer das erste Mal. Sie findet hier nicht nur die Atmosphäre angenehm, sondern auch die Marktbesucher aufgeschlossen: "Es gibt ein Interesse, die Leute nehmen wahr, dass es handgemacht ist. Echtes Handwerk und Handarbeit."

Echtes Handwerk ist auch die Sache von Wolfgang Gerst. Auf dem Marktplatz hat er eine schwergewichtige Menagerie aufgebaut. Drachen und flotte Flitzer, Zentauren und Drahtfrauen geben sich ein munteres Stelldichein. Bei aller motivischen Vielfalt eint alle das Material: alles ist aus Metall geschweißt. "Vor 50 Jahren habe ich Werkzeugmacher gelernt und war schon damals von dem Stoff begeistert", erzählt der Schwarzwälder. Man bekomme im Lauf der Zeit ein Gefühl dafür, beschreibt er seinen reichen Erfahrungsschatz. "Und man muss Spaß daran haben, das ist das Wichtigste. Den Spaß hab ich bis heute nicht verloren." Nur so können schließlich Gebilde entstehen wie eine gut sieben Meter hohe Giraffe, die Gerst einem Interessierten auf dem Handy präsentiert. Der Minotaurus ist sein Lieblingsstück. Einen Plan oder eine Skizze benötige er nicht: "Das ist im Kopf fertig. Ich weiß genau, wie es aussieht."

"Heute frisch gesägte Namen, eingelegt in Leinöl." Liest sich fast wie die Empfehlung eines Küchenchefs, das Schild von Johanna Schierjott. Vor 30 Jahren hat sie mit Holzspielzeug begonnen. Dann habe sie den Namen einer Freundin als Puzzle gestaltet. So kam sie zu den gesägten Namen. Mit einer Feinschnittsäge hantiert sie schlafwandlerisch sicher und sägt die frei aufs Holz geschriebenen Buchstaben millimetergenau aus. Ein Blick für die Form sei von Vorteil, erklärt der "Holzwurm" vom Bodensee, der auf Wunsch jeden Namen sägt.

"Mein Urgroßvater war Bürstenmacher, mein Großvater war Bürstenmacher, und auch mein Vater hat das Handwerk noch erlernt, auch wenn er dann nicht mehr davon leben konnte." Als jüngster Spross einer langen Familientradition sieht sich Michael Baumgärtner aus Bad Friedrichshall. Mittlerweile hat er das Handwerk der Vorväter zu seinem Beruf gemacht. Der 81-jährige Papa weihte ihn ein in die Geheimnisse von Schilfgras, Pferdeschweifhaar und Schweineborsten. Dass Bürsten nicht nur nützlich sein können, sondern auch dekorativ, das hat Baumgärtner bei einer Floristin gelernt. Als Tischschmuck oder Halter für Visitenkarten findet seitdem manche Bürste eine ganz neue Verwendung. "Man muss etwas Querdenken können", freut sich der Fachmann.


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