Von Debora Gruhler
Mosbach. Über 110.000 Freiwillige in ganz Baden-Württemberg engagieren sich in der Feuerwehr und sorgen mit ihrem Einsatz für die Sicherheit der Bevölkerung. Nicht nur die Brandbekämpfung gehört zum Aufgabengebiet, auch bei Unfällen, Sturm und Hochwasser rückt die Feuerwehr aus - am Tag und mitten in der Nacht. Rund 3100 Ehrenamtliche leisten im Neckar-Odenwald-Kreis wertvolle Arbeit in fast 30 Feuerwehren. Kreisbrandmeister Jörg Kirschenlohr und Stadtkommandant Detlev Ackermann schildern gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung, vor welchen Herausforderungen die Feuerwehren im Landkreis stehen, und ziehen Bilanz.
Wenn man üblicherweise an die Freiwillige Feuerwehr denkt, stellt man sich Männer bei der Brandbekämpfung vor: Ist die Feuerwehr nur Männersache?
Kirschenlohr: Nein, so kann man das nicht sagen. Die Freiwillige Feuerwehr war früher wirklich eine Männerdomäne, aber heutzutage ist das nicht mehr der Fall. Im Kreis engagieren sich heute 162 Frauen in der Feuerwehr - bei insgesamt etwa 3100 aktiven Mitgliedern. In der Jugendfeuerwehr ist der Frauenanteil sogar noch höher. Daran möchten wir uns orientieren und weiterhin auch Frauen für die Feuerwehr im Kreis gewinnen.
Ackermann: Insbesondere in der Mosbacher Feuerwehr gibt es einige Frauen, die ihren "Mann stehen", etwa unsere zwei Gruppenführerinnen. Auch unsere Jugendfeuerwehr ist bunt gemischt. Wir sind froh, dass wir die Frauen haben. Aber es könnten noch mehr sein.
Herr Kirschenlohr, was sind Ihre Aufgaben als Kreisbrandmeister?
Kirschenlohr: Als Kreisbrandmeister bin ich in erster Linie Ansprechpartner für die Verbände der Freiwilligen Feuerwehr im Landkreis. Gleichzeitig unterstützen wir sie in den Breichen der Ausbildung und der Weiterbildung. Bei außergewöhnlichen oder besonders tragischen Einsätzen stehen wir ihnen beratend zur Seite. Außerdem kümmern wir uns um den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz, indem wir uns auf den Ernstfall vorbereiten.
Herr Ackermann, Sie haben das Kommando über die Feuerwehr Mosbach inne. Mit welchen Aufgaben beschäftigen Sie sich alltäglich?
Ackermann: Seit dem 1. Juni bin ich ausschließlich als hauptamtlicher Feuerwehrkommandant tätig, da die Einsatzhäufigkeit und die Aufgabenbreite in Mosbach deutlich zugenommen haben. Bei größeren Unfällen oder Bränden im Großraum Mosbach leite ich den Einsatz. Außerdem arbeite ich an Notfalleinsatzplänen, etwa für einen Stromausfall im Stadtgebiet.
Was hat sich im Feuerwehrwesen in den letzten Jahren verändert?
Kirschenlohr: Seit ich mit 18 Jahren zur Feuerwehr kam, hat sich einiges geändert. Die Technik, die wir einsetzen, ist viel moderner geworden. Gleichzeitig hat sich das Aufgabenspektrum erweitert, neue Herausforderungen sind dazu gekommen - Stichwort E-Mobilität. Denn die Brandbekämpfung bei E-Autos gestaltet sich anders als bei herkömmlichen. Trotz des technischen Fortschritts steht immer noch das Helfen im Vordergrund und auch die Einsatzplanung ist gleichgeblieben.
Ackermann: Außerdem wird heutzutage viel mehr auf den Umweltschutz geachtet. Das hat zum Beispiel dazu geführt, dass wir die Verwendung von Schaummitteln auf ein Minimum reduziert haben.
Apropos Herausforderungen: Vor welchen steht die Freiwillige Feuerwehr heute?
Ackermann: Mir liegt besonders der Schutz der Einsatzkräfte am Herzen, Brände und Unfälle sind durchaus belastend. Daher arbeiten wir bereits verstärkt mit der Psychosozialen Notfallversorgung zusammen und achten auf professionelle Unterstützung für unsere Mitglieder. Gleichzeitig ist die Mitgliederentwicklung die größte Herausforderung.
Kirschenlohr: Zwar entwickeln sich die Mitgliederzahlen in den vergangenen Jahren sehr stabil, dennoch trifft auch uns der demografische Wandel. Es ist unser Ziel, das derzeitige Niveau an ehrenamtlichen Mitarbeitern zu halten. Dieses erreichen wir vor allem durch die Jugendfeuerwehr, aus der wir einen Großteil unserer neuen Mitglieder gewinnen. Unser Augenmerk liegt in den nächsten Jahren darauf, die junge Menschen zu motivieren und sie mit einer attraktiven Jugendfeuerwehr anzusprechen.
Wie sieht die Halbjahresbilanz 2018 bezüglich der Einsätze aus?
Ackermann: Dieses Jahr hatten wir bereits mehr Einsätze als üblich. In Mosbach gab es bisher drei Großbrände. Außerdem mussten wir auch schon einige Flächenbrände bekämpfen und zu zwei Flugzeugabstürzen fahren.
Kirschenlohr: Zu Beginn des Jahres gab es aufgrund des starken Regens zahlreiche Unwettereinsätze im Kreis. Bisher mussten wir bereits zu 800 Einsätzen ausrücken, die Zahl nahm im Vergleich zum Vorjahr leicht zu. Jedoch: Erfreulicherweise ist die Zahl der Fehlalarmierungen rückläufig.
Gibt es auch kuriose Einsätze?
Kirschenlohr: (Lacht) Ja klar. Vor ein paar Tagen musste die Feuerwehr in Mosbach ausrücken, um eine eingeklemmte Taube aus einer Dachkantel zu befreien. So etwas kommt nicht so häufig vor.
Ackermann: Die Tierrettung hatte uns angerufen, weil seit einigen Stunden die Taube laut schrie. Wir haben sie dann über die Drehleiter befreit. So was gehört nun mal auch dazu.
Noch ein kurzer Blick in die Zukunft. Was bringt die nächste Zeit für die Feuerwehr im NOK?
Kirschenlohr: Uns beschäftigt in den nächsten Jahren vor allem die Umstellung auf digitalen Funk. Zusätzlich benötigen wir eine neue Atemschutzübungsanlage und einen neuen Einsatzleitwagen (ELW 2) für den Landkreis. Die Themen Mitgliederwerbung und Öffentlichkeitsarbeit werden uns ebenso weiterhin beschäftigen.
Ackermann: An diesem Wochenende steht uns erst einmal das Lichterfest in Mosbach bevor. Weil es diese Woche so warm und trocken war, müssen wir sorgsam auf den Brandschutz während des Festes achten. Aber auch diese Herausforderung werden wir meistern. Außerdem erhalten wir ein neues Wechsellade-Fahrzeug, mit dem viel flexibler gearbeitet werden kann.