Quantcast
Channel: Mosbach
Viewing all articles
Browse latest Browse all 8199

Diakonisches Werk Mosbach: Wenn die Wohnungsnot zum Dauerthema wird

$
0
0

Von Ursula Brinkmann

Mosbach. Zimmer mit Aussicht: Buch und Film erzählen eine Romanze am Anfang des letzten Jahrhunderts. Zimmer mit Aussicht - das Bild lässt sich doppelt deuten. Zum einen kann es eine Wohnsituation sein, zum anderen eine Lebenssituation, die Aussicht auf Änderung zum Positiven hin verheißt.

Mit Lebenssituationen ganz unterschiedlicher Art sind die Mitarbeiter des Diakonischen Werks (DW) im Neckar-Odenwald-Kreis tagtäglich konfrontiert. Begegnen ihnen doch Rat suchende Menschen, die sich in einem Dilemma befinden, in einer Lebensphase, die kaum Aussicht auf Verbesserung verspricht.

Da ist die allein stehende Mutter mit der erst neun Monate alten Paula, die nicht weiß, ob sie dem noch ungeborenen zweiten Kind ein gutes Leben bieten kann. Sie kam zur Schwangerschaftskonfliktberatung des Diakonischen Werkes, war ratlos und wusste nicht, ob sie sich für oder gegen die Schwangerschaft entscheiden soll.

"Vor kurzem hat sich mein Freund von mir getrennt. Ich habe keinen Job mehr; ich muss jetzt nach dem Ende des Elterngeldes von Hartz IV leben", erzählte sie, "und jetzt wohnen wir übergangsweise bei meiner Freundin in einer Zwei-Zimmer-Wohnung auf 50 Quadratmeter." Die Perspektive: alles andere als rosig.

Nach einem langen ersten Beratungsgespräch verabschiedete sich die junge Mutter, kam Wochen später mit erkennbarem Babybauch zurück und der Mitteilung, dass durch einen glücklichen Zufall eine bescheidene Wohnung gefunden sei. Durch einen Stiftungsantrag bei der "Bundesstiftung Mutter und Kind" bekam Elisa F. nun auch finanzielle Unterstützung für die Erstausstattung des Ungeborenen sowie für den Umzug und die Kaution.

Nicht nur Elisa F. hat es schwer bei der Wohnungssuche. Die Beraterinnen und Berater des Diakonischen Werkes machen immer häufiger die Erfahrung, dass sogar Personen mit festem Einkommen Probleme haben, eine Wohnung zu finden.

"Das Thema Wohnungsnot ist derzeit ein Dauerthema in unserer Beratungsarbeit", muss Ulrike Dinkelacker feststellen. Die stellvertretende DW-Geschäftsführerin berichtet von überteuerten Mieten einerseits und erheblichen Mängeln andererseits. "Ganz zu schweigen von dem, was die Menschen, die zu uns kommen, sonst noch zu tragen haben."

Da träumt ein Junge im Grundschulalter vom eigenen Zimmer. Haben tut er eine Nische, die sich vom Wohnzimmer mittels Vorhang abtrennen lässt; die Lebenssituation mit der Mutter gibt nichts anderes her. Auch sie ist allein erziehend, war zum Umzug gezwungen. Nun leben sie und ihr Sohn in einer 1,5-Zimmer-Wohnung.

"Die Enge macht uns aggressiv", klagte sie ihre Lage in der Psychologischen Beratungsstelle. Dort wurden Fragen wie "Wie kann die Beziehung zwischen beiden gestärkt werden?" oder "Was braucht der Sohn in der Zeit der Umstellung von ihr?" geklärt werden.

Für wieder andere Menschen (erwerbslos etwa oder mit einer psychischen Erkrankung) öffnet das Diakonische Werk Räume - im doppelten Sinne des Wortes. Im offenen Treff "Leuchtturm", einer Tagesstätte für Menschen mit psychischer Erkrankung, ist ein Raum für Begegnungen und neue Erfahrungen entstanden. Für den arbeitslosen und depressiven Rudi K. ist der Treff sein erweitertes Wohnzimmer. "Hier werde ich so angenommen, wie ich bin", sagt er froh.

Das Berater-Team des Diakonischen Werkes berichtet von seiner täglichen Arbeit, von den Mauern, die bei manchen Menschen den Blick verbauen, von den Mauern, die aufgrund ungünstiger Lebensumstände zwischen ihnen und ihren Mitmenschen entstanden sind, von der Notwendigkeit politischen Handelns, von ihren vielfältigen Anstrengungen, Steine in diesen Mauern zu lockern und zu entfernen, damit sich für die Ratsuchenden neue Räume öffnen, Zimmer mit Aussicht …

Info: Das Rat-und-Hilfe-Spektrum des Diakonischen Werks mit Dienststellen in Mosbach und Buchen reicht von der Arbeitslosenberatung über Gruppenangebote bis zum Sozialpsychiatrischen Dienst. Ziel aller Hilfe sei es stets, fasst Geschäftsführer Guido Zilling zusammen, dass Klientinnen und Klienten ein möglichst eigenverantwortliches Leben in der gewohnten Umgebung führen können. Informationen finden sich auf der Website www.diakonie-nok.de, Kontakt über E-Mail kontakt@diakonie-nok.de oder Telefon: 06261/92990.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 8199