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Großeicholzheim: Kleiner Acker, große Wirkung

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Großeicholzheim. Mais-, Getreide- und Grassilage: So sieht die Mischung aus, die Reiner Wetterauer in seiner Anlage in Seckach zu Biogas vergärt. In diesem Jahr ist wieder ein kleiner Teil Wildpflanzen darunter, die auf einem Acker bei Großeicholzheim gewachsen waren.

Grund für den Anbau ist das Nabu-Projekt "Biodiversität für Biogasanlagen". Vergangene Woche fand im Beisein von Vertretern des Naturschutzbundes die Ernte statt, nachdem die mehr als 20 verschiedenen Blühpflanzen und Kräuter zuvor Nahrungsquelle unter anderem für Wildbienen und Hummeln waren.

Auf dem Feld nahe Großeicholzheim schiebt sich der Häcksler ohne Probleme durch die Wildpflanzenmischung. Rainer Wetterauer ist erleichtert. "Ein bisschen Bauchschmerzen hatte ich schon", sagt er. Denn die unterschiedlich dicken Halme der Wildpflanzen sind für die Maschine schwieriger zu greifen als der gleichmäßige Mais. Doch alles geht gut.

Auf 2,7 Hektar baut Klaus Reichert, Eigentümer der Fläche, eine mehrjährige Wildpflanzen-Mischung an. Einmal ausgesät und im Frühjahr etwas gedüngt, brauchen die Pflanzen keine weitere Pflege. Im ersten Jahr dominierten Sonnenblumen und Malven, zur Ernte in diesem Jahr - dem dritten Standjahr - sind Rainfarn, Beifuß und Flockenblume besonders stark.

"In jedem Jahr sieht die Fläche anders aus, andere Pflanzen kommen durch. Sie bieten Nahrung für Wildbienen und Hummeln, aber auch Lebensraum für Feldlerchen und Niederwild", sagt Dominique Aichele, die für den Landesverband Baden-Württemberg des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) das Projekt "Biodiversität für Biogasanlagen" betreut. Ziel des Projekts ist es, die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen auf Maisstandorten anzuregen, zu begleiten und die gewonnenen Erfahrungen weiterzugeben.

Mais-Monokul-turen bringen einen hohen Stickstoffeintrag in den Boden mit sich, Humus wird durch die intensive Bewirtschaftung abgebaut. Mehrjährige Wildpflanzenmischungen könnten, so der Nabu, diesem Problem entgegenwirken.

Noch ist der Anteil der Blühmischungen an den Biogas-Substraten verschwindend gering - auch bei Rainer Wetterauer. Auf knapp drei Hektar Wildpflanzen kommen rund 300 Hektar Mais, Getreide und Gras. Doch für die Artenvielfalt leistet der kleine Acker Großes.

"Neben dem Nahrungsangebot für viele Tiere gibt es hier auch im Winter eine Bodenbedeckung. Das sorgt dafür, dass der wertvolle Humus nicht abgetragen wird", erklärt Dominique Aichele. Ohne Pflanzenschutz und mit nur wenig Dünger könne sich der Boden von zuvor intensiverer Bewirtschaftung erholen.

Gleichzeitig müsse sich der Anbau der Mischung gut in den Betriebsablauf integrieren. "Es ist wichtig, dass die Wildpflanzen ohne Mehraufwand und ohne spezielle Maschineneinstellungen geerntet werden können", so Dominique Aichele. "Der Anbau muss praktikabel sein, nur so kann er sich etablieren."

Ohne finanzielle Anreize glaubt Rainer Wetterauer nicht an einen Wildpflanzenanbau in größerem Stil. "Man kann mit dem Anbau dieser Mischung kein Geld verdienen. Sie müsste in die Förderung der ökologischen Vorrangflächen aufgenommen werden, damit sich der Anbau lohnt", betont er. Diese Forderung teilt auch der Nabu. "Landwirtinnen und Landwirte unterstützen mit den Wildpflanzenäckern die Artenvielfalt, denn sie schaffen damit für viele bedrohte Tiere einen Rückzugsort", betont Dominique Aichele. "Diese gesellschaftliche Leistung muss sich auszahlen."

Im Nabu-Projekt "Biodiversität für Biogasanlagen - naturverträgliche Alternativen zum Maisanbau" wird über 18 Monate hinweg eine Alternative zum Anbau von Biogas-Mais erprobt. Drei Betriebe testen in diesem Zeitraum ein- und mehrjährige Wildpflanzenmischungen. Workshops und Feldexkursionen führen Praxiserfahrungen für Landwirte zusammen. Vermittelt wird dabei Know-how zu Anbau, Ernte und Naturschutzeffekten von Wildpflanzenmischungen sowie zur naturverträglichen Bewirtschaftung.

Kooperationspartner sind das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg, die Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume, das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg, der Fachverband Biogas, die Universität Hohenheim, der Landesjagdverband sowie weitere Institutionen. Gefördert wird das Projekt von der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg aus zweckgebundenen Erträgen der Glücksspirale.


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