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RNZ-Serie "Bei uns Zuhaus": Haßmersheimer Lokalpatrioten zu Wasser und zu Lande

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Von Ursula Brinkmann

Haßmersheim. Mit 15 Jahren ist er aufs Wasser gegangen. Wie die drei Raudenbusch-Generationen vor ihm. Aber mit Bernd Raudenbusch und seiner Frau Doris endet die Schiffer-Tradition in der Familie. Der letzte Frachter, die "Elan", wurde 2008 verkauft. Es war das größte Schiff der Familiengeschichte, konnte 2300 Tonnen zuladen.

Nicht nur Doris und Bernd Raudenbusch bot es ein Auskommen, auch der Familie des Bruders Karlheinz. Aber das Ende bedeutete das nicht. Sieben Jahre fuhr Bernd Raudenbusch die Haßmersheimer Fähre vom einem zum anderen Neckarufer und zurück. Bis im Oktober 2014 der Steg über den Fluss fertig- und der Fährbetrieb eingestellt wurde.

Nicht mehr gebraucht wurde somit auch das Ersatzboot, "Patriot" mit Namen. Ein Enkel brachte den Schiffer aus Passion auf die Idee, die Patriot zum Ausflugsschiff umzufunktionieren. Und seit nunmehr drei Jahren steuern der Kapitän und seine Matrosin das Bötchen den Neckar hinauf und hinunter.

"Zu sehen und erzählen gibt es ja jede Menge", beschränken sich die Raudenbuschs nicht allein aufs Steuern und Bewirten. Die Geschichte von dem Zirkusbären etwa. "Für den gab’s auf der Fähre keinen Tarif, der musste schwimmen!" Bei den ganz jungen Gästen kommt es total gut an, wenn sie ans Steuerrad dürfen.

Am Patriot ziehen vorüber: der Yachthafen, die Kirchen, die Burgen, ja, auch der elegant geschwungene Steg, die badisch-württembergische Grenze, nur ein paar hundert Meter neckaraufwärts vom Anlegeplatz in Haßmersheim entfernt. "Da stimmen wir das Badnerlied an", sagt Doris Raudenbusch mit einem Strahlen in den Augen. Ihre sechste Strophe ist gesungener Lokalpatriotismus: "Und Haßmersheim im Neckartal, als Schifferort bekannt…"

Die Zeiten allerdings, auf die sich diese Beschreibung bezieht, sind vorüber. "Als ich mit 15 aufs Wasser ging", erinnert sich Bernd Raudenbusch, habe es in Haßmersheim noch 130 Schiffseigentümer gegeben. "Heute sind es drei." Noch früher hat die Haßmersheimer Schifffahrt wohl ihre Glanzzeiten gehabt. "1857 stammten 149 der 372 Neckarschiffe von den damals 80 ‚Particuliers‘ aus Haßmersheim", informieren Tafeln der Odenwälder Museumsstraße am Ufer.

In dieser Geschichte spielt auch der vielleicht berühmteste Sohn der Gemeinde eine Rolle: Friedrich Heuß, Urgroßonkel des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss. Der "Schiffs-Capitän von Haßmersheim", tat ein Inserat im Heilbronner "Intelligenz-Blatt" vom 25. April 1840 kund, richtete eine direkte Linie nach Rotterdam ein. Der Name des Schiffs: Patriot. Als solcher ging Friedrich Heuß noch mit weiteren Aktivitäten in die Geschichte ein: er stellt in der badischen Revolution 1848/1849 eine Bürgerwehr auf.

Lokalpatrioten sind Bernd und Doris Raudenbusch auf ihre Weise. Für die gebürtige Weinheimerin ist Haßmersheim Heimat geworden. Beide sind in mehreren Vereinen aktiv, vorneweg im katholischen St. Nikolaus-Schifferverein, einem von zwei Schiffervereinen in Haßmersheim. "Wir wollten und wollen nicht woanders leben."

Da ist sich die Matrosin mit ihrem Mann einig, obwohl sie einen Großteil ihres Lebens gar nicht in Haßmersheim verbracht haben, sondern unterwegs waren zwischen Heilbronn und Rotterdam, Amsterdam und Budapest.

"Wir sind badische Lokalpatrioten", sagen die beiden. Aber nur daheim im Hauweg dem Gras beim Wachsen zusehen, das war zu wenig. Mit dem schwimmenden Ausflugs-Patriot, der der Gemeinde gehört, ist nicht nur für die Raudenbuschs eine gute Lösung gefunden. Die individuell buchbaren und günstigen Fahrten kommen überaus gut an. "Die Hälfte der Gäste kommt aus unseren drei Dörfern", freut sich der Kapitän. Lokalpatriotismus auf allen Ebenen …


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