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Wenn der Biolandwirt den Nachwuchs aufklärt

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Von Christian Beck Kleineicholzheim/Mosbach. Was darf es sein - das Toastbrot für 55 Cent, oder das Vollkorn-Dinkel-Amaranth-Brot aus der Biobäckerei für über fünf Euro? Diese Wahl trifft der Kunde - so lange er es sich leisten kann natürlich. Doch die Mehrheit dürfte sagen: Es ist schön, die Wahl zu haben. Eben diese Wahl will Landwirt Frank Fellmann dem Nachwuchs seines Berufsstands anbieten. Seit 25 Jahren betreibt er in Kleineicholzheim biologisch-dynamische Landwirtschaft auf seinem Hof. Gestern empfing er sechs Landwirtschafts-Lehrlinge im ersten Lehrjahr, die sonst in der Augusta-Bender-Schule Mosbach büffeln. Der Besuch soll ihnen eine Vorstellung von biologischer Landwirtschaft vermitteln - ob sie diese dann einmal verwirklichen oder nicht, müssen sie selbst entscheiden, betont Fellmann. "Bei den Bio-Landwirten sind die ganzen Felder voller Unkraut! Wenn das jeder machen würde!" Dies sind nur zwei anklagende Bemerkungen, mit denen sich Biolandwirte hin und wieder konfrontiert sehen. Doch der Argwohn scheint nachzulassen: "Mein Vater hat mir zu Anfang vorgeworfen, ich würde den Betrieb ruinieren", erinnert sich Frank Fellmann. Azubi David Berberich aus Hardheim berichtet dagegen, dass biologische Landwirtschaft heute auch unter konventionellen Landwirten recht anerkannt sei. Azubi Fabian Müller aus Schlierstadt ist der gleichen Meinung, und er muss es wissen: Sein Onkel betreibt in Bayern einen Bio-Hof, sein Vater einen konventionellen. "Mein Vater hält aber nichts von Bio", fügt er hinzu. Er jedoch möchte sich zumindest informieren, so manche Veränderung könnte er sich auch gut vorstellen: "Ich würde gerne beim Spritzmittel reduzieren", erklärt er. Nicht zuletzt aus Kostengründen - zwei Kanister Pflanzenschutzmittel kosten mitunter 3000 Euro. "Das wird aber wahrscheinlich nicht funktionieren", bremst Fellmann die jugendlichen Pläne gleich ein wenig. Denn ohne chemische Pflanzenschutzmittel werde der Ertrag und somit auch der Verdienst des Landwirts sinken - bei den momentan niedrigen Erzeugerpreisen könnte so kein Betrieb existieren. Bio-Höfe folgen einem gänzlich anderen Prinzip: "Unsere Erträge liegen verglichen mit konventionellen Landwirten stabil bei etwa der Hälfte", erklärt Fellmann. Dafür sei aber auch der Einsatz beim Anbau deutlich geringer - so fallen wie bereits erwähnt das Spritzen, aber auch das mineralische Düngen weg - Frank Fellmann bringt lediglich den Mist seiner 40 Rinder auf den Feldern aus. Biosiegel und Direktvermarktung ermöglichen im Regelfall deutlich höhere Preise. All dies funktioniere allerdings nur, wenn die Fruchtfolge über viele Jahre eingehalten werde: Am Anfang transportiere Klee viel Stickstoff in den Boden und sorge dafür, dass sich das Unkraut in den Jahren danach in Grenzen halte. Und wenn die Wildkräuter schließlich mehr werden, baut der Biolandwirt gerne Roggen in einer ursprünglichen Variante an: Diese wächst bis zu zwei Meter hoch, höher als jedes Unkraut. Doch die Liste der Pflanzen, die Frank Fellmann anbaut, ist sehr viel länger: darunter finden sich auch so exotische Gewächse wie Braunhirse, Emmer, Futterwicken oder Schwarzhafer. Die Früchte eben jener Pflanzen sollten die angehenden Landwirte, die alle sechs aus Landwirts-Familien kommen, erkennen und zuordnen - eine Aufgabe, die sie mit ein wenig Überlegen fehlerfrei meistern. Auch wenn diese Pflanzen auf dem heimischen Hof nicht angebaut werden, was Fellmann bedauert: "Das Lagerhaus will Weizen, bei Roggen ziehen sie schon die Nase hoch, Gerste ist schlecht bezahlt", erzählt er spitz. Was bleibe also noch? Ein wenig Raps vielleicht. Doch gerade im Biolandbau sei Vielfalt das A und O. Welche Art von Landwirtschaft betrieben werde, müsse jeder Kollege selbst entscheiden, sagt Frank Fellmann. Er betont, dass Produkte aus biologischer wie konventioneller Landwirtschaft gefragt seien: "Die meisten Leute kaufen doch preisbewusst im Supermarkt ein", berichtet er. Und all diese Produkte seien eben aus konventioneller Landwirtschaft. Für Verbraucher, die das billigste Brot kaufen, sich aber über hohen Spritzmitteleinsatz beim Weizenanbau beschweren, hat er kein Verständnis. Aus diesem Grund rät er auch konventionellen Landwirten, offen zu ihrem Beruf und ihren Arbeitsmethoden zu stehen. Diese Anregungen scheinen bei den zukünftigen Landwirten anzukommen. Ob sie etwas davon übernehmen wollen? "Wir können uns jetzt überlegen, ob wir es machen oder lassen", erklärt Stephanie Feil aus Schefflenz abschließend.

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