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Erhitzte Gemüter beim Kreisbauernverband

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Von Judith Blüthner

Neckar-Odenwald-Kreis. Die Wellen schlugen hoch während der Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbandes, zu der man am Donnerstagabend in der Roedderhalle in Oberschefflenz zusammenkam. Die umstrittene Kampagne aus dem Bundesumweltministerium hat die Gemüter der Landwirte erhitzt. Eine Unverschämtheit, nannte der Vorsitzende Herbert Kempf, was sich Dr. Barbara Hendricks da geleistet habe. Mit der Bauernregeln-Plakataktion habe die Ministerin zu einer Debatte über die Zukunft der Agrarpolitik in Europa anregen wollen, so heißt es aus dem Ministerium. Das scheint ihr gelungen, nur könnte der Schuss nach hinten los gegangen sein. Von den erdachten Sprüchen, die die Plakate zieren, fühlen sich die Bauern und ihre Familien verhöhnt, so Kempf.

Im Namen des Bauernverbandes appellierte Kempf, miteinander ins Gespräch zu kommen, statt durch Falschmeldungen die Landwirte in die Schusslinie zu bringen. Ob Klimawandel, Grundwasserverschmutzung oder Überschwemmungen: An allem sollten die Landwirte schuld sein.

Umso erfreulicher sei es, so der Vorsitzende, mit Peter Hauk endlich wieder einen Minister zu haben, der mit den Landwirten spricht. Und dem Bundestagsabgeordneten Alois Gerig, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des Bauernverbandes Neckar-Odenwald-Kreis, galt besonderer Dank für seine fördernde Arbeit in Berlin.

Für die Unterstützung im Landkreis und die gute Kooperation bedankte man sich bei Landrat Dr. Achim Brötel. Dieser versprach, auch weiterhin sein Möglichstes zum Erhalt der heimischen Landwirtschaft beizutragen und scheute sich nicht davor, die großen Probleme zu benennen. Angefangen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln über die geplante Novellierung der Düngeverordnung bis zu noch ausstehenden Auszahlungen im Zusammenhang mit der Vor-Ort-Kontrolle.

"Allein bei uns im Neckar-Odenwald-Kreis sind dieses Jahr 150 Betriebe in der Vor-Ort-Kontrolle. Mehr als doppelt so viele wie sonst. Und: Davon konnte aus technischen Gründen bisher noch kein einziger freigegeben werden." Man müsse sogar davon ausgehen, dass sich die Aufarbeitung noch bis in den März hinziehen werde. Grund für diese Misere: die nicht funktionierende EDV.

"Gemeinsamer Antrag" scheint das Unwort des Jahres und wohl auch des kommenden Jahres für die Bauern in der Region zu sein. 20 % der Direktzahlungsanträge konnten bislang noch nicht ausgezahlt werden. "Immerhin reden wir dort über 191 Betriebe und etwa 300 Euro je Hektar", so der Landrat. Ein weiteres Thema, das die Gemüter der Landwirte erhitzt.

Auch der Bericht des Geschäftsführers des Kreisbauernverbands, Andreas Sigmund, machte den momentanen Krisenstand im Beruf deutlich. "Arbeit mit Leidenschaft" sei das Motto der deutschen Landwirte. Angesichts des Preisverfalls der Nahrungsmittel auf allen Märkten und der wetterbedingten Ernteausfälle sei Leidenschaft auch die einzige Möglichkeit, mit Motivation weiterzumachen. "Nur so geht’s", appellierte Sigmund. Und demonstrierte im Jahresrückblick, wie der Verband versuche, seine Mitglieder zu unterstützen. Vielfältige Aktionen, wie z. B. der "12-Cent-Würstchen-Verkauf" (der Anteil, den die Erzeuger für die Wurst bekommen) sollten die Verbraucher auf die Missstände aufmerksam machen. Und Sigmund rief zum Schulterschluss auf, denn nur so könne man etwas erreichen, egal ob in der Öffentlichkeitsarbeit oder im Rahmen von Unterschriftenaktionen.

Und dann kam der engagierte Auftritt von Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Gut zwei Stunden referierte er zum Thema "Agrarpolitik in Baden-Württemberg". Deutlich verurteilte er die Öffentlichkeitsarbeit von Bundesumweltministerin Hendricks und ereiferte sich über die Romantisierung der Landwirtschaft. Die Tierhaltung heute sei wesentlich besser als die Romantisierung sich dies vor 20, 30 Jahren wünschte.

Was die Plakatkampagne anging, warnte er vor neuen "Kampfbegriffen". Nachdem Atomkraft und Waldsterben nicht mehr aktuell seien, konzentriere man sich jetzt auf die Themen "Nahrungsmittel und Ernährung" (vgl. auch RNZ, 10. 2.). Aus diesem Grund müsse man vermehrt in gezielte Öffentlichkeitsarbeit investieren, Aktionen wie "Gläserne Produktion" dazu nutzen, die Verbraucher auf die heimische Qualität aufmerksam zu machen. "Der Landwirt in der Summe muss sich wieder auf die Kunden einstellen", mahnte Peter Hauk. Was aber die Probleme im Bereich der Antragsstellung betraf, da konnte auch der Minister nur begrenzt Hoffnung auf baldige Besserung machen. Man bemühe sich darum; bis Ende 2017 solle das Programm stabil laufen. Die Forderung nach Vorschüssen jedoch wiegelte er ab. Dies erschwere das Vorankommen der Abwicklung nur noch weiter .

Alois Gerig sprach sich für einen Schutz von Agrarflächen aus und versuchte, den Zuhörern Mut zu machen. "Unsere Landwirtschaft in Deutschland produziert die besten Lebensmittel weltweit", motivierte der Bundestagsabgeordnete. Er riet zur Kommunikation und zur Mitgliedschaft in Verbänden wie dem Bauernverband. So könne man als Druckhebel etwas erreichen. "Unsere Bauern sind bereit, auch höhere Auflagen einzuhalten, aber es muss sich wirtschaftlich rechnen", und dafür trete er ein.


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